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opernfraktal/feindtönung
bewohnte installation
ehemaliges bahnbetriebswerk thalkirchen, münchen
januar - märz 2014
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marcus kaiser - feindtönung
- opernfraktal (2014)
Wenn man den Innenhof von Marcus Kaisers Atelier in Düsseldorf
betritt, steht man unter grossen Baumfarnen und Palmen. In einem
artifiziellen innerstädtischen Regenwald.
In der skulpturalen Präsenz, dem Wachstum, in der klimatischen
Abhängigkeit, dem zeitlichen Entfalten, Verflochtensein und der
Beziehung der einzelnen Pflanzen zum Ganzen zeigt sich vieles
von Kaisers Sichtweise auf Welt und Kunst.
Marcus Kaiser (geboren in Tübingen und aufgewachsen am Rand der
Schwäbischen Alb) hat in Düsseldorf Musik und Kunst studiert und
in diesem weiten Feld bewegt sich sein Arbeiten.
Über lange Zeiträume (Jahre, Jahrzehnte) entstehen simultan
verschieden Serien, Werkgruppen. Mal die Eine, dann wieder eine
Andere mehr in Erscheinung, in den Vordergrund tretend, "als
wären sie Teil einer riesigen rhizomatischen Assemblage*":
- Klang, Videoarbeiten die sich über die Jahre Schicht für
Schicht verdichten.("unterholz",
"an einem ort - an einem
anderen ort", "goldfischglas"...)
- "Grosse Grüne Bilder",
Urwaldzeichnungen die langsam den gesamten Bildraum füllen und
sich Schicht um Schicht verichten bis nahe an die Sättigung, bis
die Details wieder anfangen im Ganzen zu verschwinden.
- Zeichnungen auf Kontoauszügen. "Ich
- trojanisch" seit 2001
- Arbeiten bei denen sich Gegenstände des alltäglichen Lebens
über sehr lange Zeiträume ansammeln ("ich/verwurstelung"
(Teebeutel, seit 1989); "ich/ovovivipar
(seit 1997, Eierschalen).
- "Parallel Bücher"
(seit 1999 - Zeichnungen mit rechts und links, meist in
Bewegung, auf Reisen, im Zug, Bus, Flugzeug....)
- "der Rand der Tage"
(morgens und abends, Aquarellfarbe auf Papier.)
- "opernfraktalmodelle und
-gärten".
.....
Diese sehr unterschiedlichen "Schichten" gruppieren sich in
grösseren Ausstellungen zu komplexen Gefügen. Biotopen,
Chronotopen, Lebensrauminstallationen in denen der Künstler
während der Ausstellung auch leben und arbeiten kann.
In diesen Ausstellungen entstehen Videos, Klangaufzeichnungen,
Fotos, die in folgende Ausstellungen eingewoben werden und die
zukünftige Konstellationen eröffnen, ihre eigene Geschichte
erzeugen.
In der Ausstellung "opernfraktal/feindtönung"
(eine der fruchtbaren Sprachschöpfungen des Biologen Jakob von
Uexkülls**) bewohnte Marcus Kaiser mit seinen Pflanzen eine der
Hallen des ehemaligen Bahnbetriebswerks München-Thalkirchen.
In der Mitte der dunklen und kalten Halle steht ein grosser,
hell erleuchteter transparenter Kubus. Wie ein grüner Planet im
Raum bildet er den (Über-)Lebensraum für Baumfarne und Hummeln
und für den Künstler; - mseinsiedelei.
Auf den ersten Blick eine Idylle, die bei näherer Betrachtung
Risse bekommt:
Auch wenn das Karbon mit seinem höheren Sauerstoffgehalt in der
Atmosphäre riesige Insekten hervorgebracht hat, Hummeln könnten
in einem Baumfarnwald nicht leben, da sie die
entwicklungsgeschichtlich jüngeren Blütenpflanzen mit Ihrem
Nektar und Blütenstaub zum Überleben brauchen.
Versteckt in den Pflanzen sind Mikrophone und Lautsprecher wie
zur Überwachung: Alle 5 Minuten wird eine Minute aufgenommen und
am nächsten Tag zur selben Zeit eingespielt (und wieder
aufgenommen ..): Grosses
Raster - wie der Pulsschlag eines riesigen wuchernden
Organismus, der sich zunehmend verdichtet und in den
Rückkopplungsschleifen anfängt zu übersteuern. (Und vielleicht
hört man nachts aus dem Tierpark auf der gegenüberliegenden
Isarseite die Löwen brüllen und die Wölfe heulen).
Aus den grossen Baumfarnwäldern des Karbon ist die Kohle
entstanden mit denen die Dampflocks der Isartalbahn von hier aus
fuhren, als Teil einer Entwicklung, die uns heute das fürchten
lehrt und unsere Umwelt mit ganz neuartiger Feindtönung auflädt.
Und wie in einem Planetensystem um den Zentralkörper, quasi in
seinem Schwerkraftfeld weitere Arbeiten:
- Ein "opernfraktal modell"
das formale Strukturen des grossen Kubus aufnimmt,
weiterentwickelt und in eine andere Dimension überführt.
- Ein langer Tisch mit Zeichnungen. "Ich
- trojanisch" in denen 'naiv, holzschnittartig,
animalisch' Zeichnungen auf Kontoauszügen von der Welt künden.
- Eine grosse Videoprojektion. Video/klangarbeit in der auch
Elemente der Ausstellung, teilweise in anderem Kontext,
auftauchen. Diese Arbeit wird sich im lauf der Ausstellung
verändern indem aktuelles Material aus der Ausstellung, aus dem
Umfeld der Ausstellung auftaucht bzw. in anderen Bezügen wieder
auftaucht. (auch in Bezug auf die Arbeiten/Ausstellungen in
München 2011 (heraklits
kitchen) und 2008 (opernfraktal/überwinterung),
die
thematisch in enger Verbindung stehen).
- Darüberhinaus wird Marcus Kaiser im münchner Stadtgebiet
unterwegs sein um an den "Parallel
- Büchern" weiterzuarbeiten.
*zitiert aus dem Artikel "Wandelweiser" von Michael Pisaro
in der Übersetzung von Antoine Beuger
http://www.wandelweiser.de/_texte/erstw-deutsch.html
**...Um mit einem anderen Begriff zu sprechen, der den vielen
originellen Sprachschöpfungen von Uexkülls entnommen ist: Die
Nachtraubtiere verbreiten ebenso wie die Gespenster in unserer
Umwelt "Feindtönungen".
zitiert aus dem Vorwort von Rudolf Bilz: Jakob von Uexküll
Theoretische Biologie (suhrkamp taschenbuch Seite XII)
"Ich
-
trojanisch" (auswahl) >>
grosses
raster (feindtönung/münchen 2014) mp3 >
opernfraktal/feindtönung (videocluster) |
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grosses rastert |
an einem ort - an einem anderen ort (live vor ort)
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unterholz#0 |
unterholz (live vor ort) |
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